Kinder, die mit mehreren Sprachen aufwachsen, bewältigen in ihrer Sprachentwicklung mehrere Sprachsysteme. Die individuellen Bedingungsfaktoren führen zu unterschiedlich ausgeprägten Kompetenzen in ihren verschiedenen Sprachen. Im deutschen Bildungssystem werden die mehrsprachigen Schüler:innen einerseits mit dem Erwerb der Bildungsinhalte und andererseits über den Erwerb der Umgebungs- und Alltagssprache Deutsch hinaus mit dem Erwerb des Deutschen in der Variante der Bildungssprache konfrontiert. Kinder, die zusätzlich eine Sprachentwicklungsstörung aufweisen bzw. einen Anspruch auf sonderpädagogische Förderung im Förderschwerpunkt Sprache haben, benötigen unabdingbar über die Möglichkeiten, die eine Förderung von Deutsch als Zweitsprache eröffnen können, eine Förderung, die adressatenorientiert und entlang der bio-psycho-sozialen Rahmenbedingungen den didaktischen und methodischen Konzepten der Sprachheilpädagogik folgt. Dies ist, entsprechend der strukturellen Ressourcen seitens der Schule, unabhängig vom Beschulungsort des Kindes. Aus der sprachtherapeutischen Forschung kann evidenzbasiert geschlussfolgert werden, dass, wenn möglich, alle Sprachen des Kindes in die Therapie miteinbezogen werden sollten. In Verbindung mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule kann dies bedeuten, dass die Herkunftssprachen der Schüler:innen verstärkt im Alltag von Schule und Unterricht gefördert und genutzt werden sollten. Dies kann neben dem herkunftssprachlichen Unterricht, der zusätzlich zum regulären Unterricht angeboten wird, durch die unterrichtsimmanente und herkunftssensible Nutzung der Herkunftssprachen, wie sie im jeweiligen mehrsprachigen Klassenzimmer durch die Schüler:innen vertreten sind, gelingen. Es soll weder die Relevanz des Erwerbs des Deutschen als Bildungssprache in Frage gestellt werden, noch die jeweiligen lokalen strukturellen Möglichkeiten unterschätzt oder gar ignoriert werden. Dennoch soll in diesem Artikel die Bedeutung des herkunftssprachlichen und herkunftssprachsensiblen Unterrichts im Fokus stehen. Eine Umfrage unter Schüler:innen und ihren Eltern erlaubt blitzlichtartig einen Einblick in die Bedarfe und Wünsche von Familien mit Migrationshintergrund.