Zugegeben, „Psychotricks“ klingen nach mentaler Manipulation und Mindmagic. Tatsächlich geht es eher darum, sich die zahlreichen psychologischen Effekte bewusst und zunutze zu machen, die in Vorstellungsgesprächen wirken. Wem die folgenden Erkenntnisse bewusst sind, kann mindestens negative Folgen verhindern oder die Tricks nutzen ohne gleich mit dem Geist seines Gegenübers Tango zu tanzen…
Vereinbaren Sie einen Termin am Donnerstag
Wenn man Sie zum Vorstellungsgespräch einlädt, wird man Ihnen mindestens einen Termin (und ein bis zwei Alternativen) vorschlagen. Nutzen Sie die Gelegenheit, den Vorstellungstermin zu Ihren Gunsten zu verschieben (wie das geht, erfahren Sie HIER). Ungünstig sind Montage und Freitage: Montags klingt vielleicht noch ein lausiges Wochenende nach oder der Personaler hat den Montagsblues. Freitags sind viele ab 12 Uhr gedanklich schon wieder im Wochenende. Beides keine guten Voraussetzungen für eine Einstellung.
Zudem hat die Psychologin Wändi Bruine de Bruin von der Carnegie Mellon Universität herausgefunden, dass Juroren bessere Noten vergeben, je weiter der Wettbewerb voranschreitet. Der Effekt wirkt sogar unabhängig davon, ob die Noten während des Wettbewerbs oder erst am Schluss vergeben werden. Das ist auf ein Bewerbungsgespräch übertragbar: Beim ersten Kandidaten hat der Interviewer noch keine Vergleichsmöglichkeiten. Beim zweiten ist er aufmerksam und kritisch, wird aber milder (und müder), je näher er dem Auswahlende kommt. Versuchen Sie also möglichst einen Termin am Mittwoch oder Donnerstag zu vereinbaren. Ideal: der Donnerstagvormittag so gegen 10 Uhr. Die Woche ist dann fast vorbei, um 10 sind aber alle (auch Sie) noch frisch und der Mittagshunger drückt auch nicht auf die Stimmung.
Ignorieren Sie Mitbewerber
Das heißt nicht, dass Sie grob unhöflich werden sollen und mögliche Konkurrenten nicht mindestens nett begrüßen sollen. Gemeint ist, diese gedanklich als Konkurrenten um den Job zu ignorieren. Je mehr Mitbewerber es gibt, desto weniger strengen sich Bewerber im Jobinterview an. Forscher der Universitäten von Michigan und Haifa haben das Phänomen entdeckt und N-Effekt getauft.
Setzen Sie optische Gemeinsamkeiten ein
Beispielsweise durch die Farben von Accessoires (Krawatte, Tuch, Tasche) oder Ihrer mitgebrachten Bewerbungsmappe, die Sie vor sich auf den Tisch legen. Wenn diese die Unternehmensfarbe(n) spiegeln, suggerieren Sie unterschwellig Zugehörigkeit und hohe Identifikation. Je ähnlicher uns ein Mensch ist – in Aussehen, Kleidung, Körpersprache, Wortwahl – desto sympathischer finden wir ihn.
Machen Sie Komplimente
Das klingt nach Schleimen – und ist es zum Teil auch. Komplimente wirken aber erst anbiedernd, wenn die Lobhudelei übertrieben wird und unbegründet bleibt. Dazwischen gibt es durchaus angenehme Abstufungen. Recherchieren und erwähnen Sie also ruhig so etwas wie, dass Sie dieselbe Uni wie der Personaler besucht haben oder das gleiche Hobby pflegen. Google, Linkedin und Xing liefern oft gute Informationen dazu.
Verbalisieren Sie Ihre Nervosität
Ja, richtig gelesen: Trauen Sie sich zu dieser vermeintlichen Schwäche zu stehen. Sie ist keine! Es ist normal, dass man im Vorstellungsgespräch nervös ist. Das zeigt doch nur, dass Ihnen die Stelle wirklich wichtig ist. Wenn Sie also eine Blockade haben oder ins Stottern geraten, wechseln Sie kurz in die Metaebene: „Entschuldigung, ich bin tatsächlich ein bisschen aufgeregt…“ Erstens setzt jetzt bei jedem anständigen Menschen nun eine Beißhemmung ein; zweitens bekommen Sie Pluspunkte für Ehrlichkeit und Authentizität. Überdies hat Jane Richards von der Universität von Texas zeigen können: Wer beim Vorstellungsgespräch eine zu coole Fassade aufsetzt, bekommt den Job nicht. Das Vorurteil dahinter: Sogenannten „Gefühlsunterdrückern“ mangelt es an Empathie.
Sagen Sie nicht „nicht“
Sie wollen ein flammendes Plädoyer für sich starten, doch irgendwie ist Ihnen das peinlich. Selbstmarketing klingt so schrecklich unbescheiden. Also beginnen Sie mit: „Ich will ja nicht prahlen, aber…“ Riesenfehler! Forscher der Eastern Universität in Washington fanden heraus: Derlei Einschränkungen bewirken das genaue Gegenteil, der Bewerber klingt so erst recht wie ein eitles Großmaul. Bewerber, die solche Formulierungen häufiger verwendeten, galten gar als weniger intelligent. Wer dagegen selbstbewusst und ohne Anmoderationen seine Vorzüge darstellte, wurde signifikant positiver aufgenommen.
Lassen Sie den anderen reden
Auch wenn man Ihnen im Bewerbungsgespräch natürlich viele Fragen stellen wird: Versuchen Sie nicht das Gespräch zu dominieren. Über Ihren Erfolg entscheidet nicht der eigene Redeanteil, sondern dessen Qualität. Mehr noch: Menschen erinnern Gespräche besonders dann als positiv, wenn ihre Airtime hoch war. Warum also nicht geschickt einen echten Dialog initiieren und Ihr Gegenüber subtil das Wort ergreifen lassen? Bitten Sie Ihren Ansprechpartner zum Beispiel über das Unternehmen zu erzählen, die Kultur und Zusammenarbeit oder wie er seine Arbeit persönlich erlebt. Darauf geben Sie dann positive bis bewundernde Rückmeldungen, Motto: „Wow! Das habe ich so noch nicht gehört oder erlebt!“
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg im Vorstellungsgespräch!